Widerrufsrecht für Fernabsatzvertrag trotz Prüfung der Ware im Ladengeschäft
- Veröffentlicht in Widerrufsbelehrung, Rückgabebelehrung
- Ein Kommentar hinterlassen
- Permalink
Fernabsatzverträge unterliegen besonderen gesetzlichen Bestimmungen. Da Kunden gekaufte Waren im Internet nicht prüfen können, haben sie ein gesondertes Widerrufsrecht von 14 Tagen.
Einen Sonderfall verhandelte das LG Berlin. Es prüfte die Frage, ob das Widerrufsrecht für Fernabsatzverträge auch dann gilt, wenn der Kunde zuvor das Ladengeschäft besucht hat. Der Kunde kaufte beim Beklagten online eine Lederjacke. Er wollte diese innerhalb der gesetzlichen Widerrufsfrist für Fernabsatzverträge zurücksenden. Dieses Recht wurde ihm vom Verkäufer verwehrt.
Der Verkäufer begründete die Weigerung zur Rücknahme des Artikels damit, dass der Kunde vor dem Kauf bereits im Ladengeschäft gewesen sei und die Ware ansehen konnte.
Entscheidung des LG Berlin zum Widerrufsrecht
Das LG Berlin entschied jedoch, dass dem Kunden auch nach vorherigem Besuch eines Ladengeschäftes in diesem Fall ein Widerrufsrecht eingeräumt werden müsse.
Insbesondere bei Kleidungsstücken müssen Kunden mehrere Eigenschaften prüfen. Neben dem Material muss vor allem die Größe der Ware stimmen. Da sich der Kunde körperlich seit dem Besuch des Ladengeschäftes 2 Monate zuvor körperlich hätte verändern können, müsse er das Recht haben, die Ware direkt vor dem Kauf noch einmal anzuprobieren. Der Kunde hatte sich im Laden zunächst nur informieren wollen und hatte hier noch kein konkretes Kaufinteresse. Dieses zeigte er erst mit der Bestellung der Ware im Internet. Zu diesem Zeitpunkt standen ihm nur noch veraltete Informationen bzgl. der Produkteigenschaften zur Verfügung.
LG Berlin, Urteil vom 12.3.2013 – Az.: 83 S 52/12